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Die Rehabilitierung

Rehabilitierung und Ehe für Alle.

Helmut Kress wurde 1946 in Tübingen geboren und wuchs als eines von sechs Kindern auf. Zur Mutter hatte er ein enges Verhältnis, die Beziehung zum Vater war nicht gut. Nach Abschluss der Hauptschule begann Helmut Kress eine Lehre als Bauzeichner im Technischen Rathaus der Stadt Tübingen. Er hatte schon früh homosexuelle Kontakte, die er in den Parkanlagen am Neckarufer fand. Für Helmut Kress waren dies aufregende Abenteuer. Zu einem sechs Jahre älteren bereits volljährigen Mann entwickelte sich eine verbindlichere Beziehung: mit ihm traf Helmut Kress sich im Wochenendhaus von dessen Eltern und tauschte sich in Briefen aus. Im Frühjahr 1961 wurde Helmut Kress an seinem Arbeitsplatz verhaftet und von dort in Handschellen abgeführt. Wer ihn angezeigt hat, weiß er nicht. Es folgten lange Verhöre und schließlich die Verhandlung. Sie fand unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Helmut Kress wurde zu 14 Tagen Haft verurteilt, die er in Einzelhaft im Jugendgefängnis in Oberndorf am Neckar absitzen musste. Der ebenfalls angeordneten anschließenden psychologischen Behandlung konnte er sich entziehen. Angezeigt wurde der junge Helmut Kress vom damaligen Oberbürgermeister Gmelin, dem Vater der späteren Bundesjustizministerin Herta Däubler-Gmelin. Aufgrund der Verurteilung durfte Helmut Kress seine Ausbildung im Technischen Rathaus nicht weiterführen. Er orientierte sich um und konnte eine Lehre bei einer vorurteilsfreien Tübinger Schneiderin machen, arbeitete bei der Stuttgarter Modeschöpferin Beate Mössinger und verpflichtete sich zwischendurch für zwei Jahre bei der Bundeswehr. Im Laufe der 1960er Jahre kam Helmut Kress zur Gastronomie, die zu seiner Passion wurde. Erste Erfahrungen hatte er bereits während seiner Schneiderlehre im legendären Pub 13 in der Tübinger Altstadt gesammelt, wo überwiegend homosexuelle Männer verkehrten. Später arbeitet Helmut Kress als Kellner im traditionsreichen Café Neckartor. Nach Jobs in Münchener Nachtlokalen und Anstellungen in verschiedenen Hotels in Bayern und Österreich zog es Helmut Kress wieder zurück nach Baden-Württemberg. 1984 lernte er im Stuttgarter Kings Club seinen Freund Günther kennen. Mit ihm zusammen übernahm er dann ein großes Hotel in Offenburg, ab 1992 führten sie ein wesentlich größeres bei Rothenburg ob der Tauber. 2002 fand dort ein Raubüberfall statt, bei dem sein Freund Günther ermordet wurde. Zu ihrer Kundschaft zählten zahlreiche Prominente. Deshalb fand die Tat großes Echo in den Medien, deren Art der Berichterstattung Helmut Kress jedoch sehr verletzte. Helmut Kress gab das Hotel auf und kehrte zurück nach Tübingen.

Rehabilitierung

Strafrechtlichen Rehabilitierung der nach dem 8. Mai 1945 wegen einvernehmlicher homosexueller Handlungen verurteilten Personen Am 22. Juli 2017 ist das Gesetz zur strafrechtlichen Rehabilitierung der nach dem 8. Mai 1945 wegen einvernehmlicher homosexueller Handlungen verurteilten Personen (kurz StrRehaHomG) und zur Änderung des Einkommensteuergesetzes in Kraft getreten. Am 23. November 2018 hat der Deutsche Bundestag auf Empfehlung des Haushaltsausschusses außerdem die finanziellen Voraussetzungen für eine Entschädigung auch derjenigen Personen geschaffen, die zwar wegen einvernehmlicher homosexueller Handlungen verfolgt, aber letztlich nicht verurteilt wurden. Es wurden damit Entschädigungsmöglichkeiten für die Fälle geschaffen, in denen es nicht – wie vom StrRehaHomG vorausgesetzt – zu einer Verurteilung und damit zu einem Strafmakel gekommen ist. Auch dabei kam es auf Seiten der Betroffenen zu erheblichen Beeinträchtigungen, zu einer Einschränkung der Lebensführung, zu belasteten Biografien, Benachteiligungen und Ausgrenzungen. Von dieser Entschädigung werden alle Fälle ab Einleitung eines Ermittlungsverfahrens und insbesondere die Fälle der Untersuchungshaft erfasst. Darüber hinaus kann eine Entschädigung auch wegen außergewöhnlich negativer Beeinträchtigungen erfolgen, die außerhalb einer Strafverfolgung, aber vor dem Hintergrund der Existenz der Strafvorschriften entstanden sind.

Studium Generale an der Hochschule für Polizei in Villingen-Schwenningen 2017 Helmut Kress 2.v. rechts nach links
Besuch von VelsPolBW bei Helmut Kress in Tübingen v. links nach rechts Martin Zerrinius | Helmut Kress | Thomas Ulmer

Justizopfer
Verbotener Liebe

Mehrmals die Woche ging Helmut Kress zum Schwulentreffpunkt am Neckarufer.

Ein zweideutiger Liebesbrief an einen jungen Mann wurde Helmut Kress zum Verhängnis. Er hatte ihn in der Schublade seines Schreibtisches im Stadtplanungsamt liegen lassen, wo er entdeckt und bis an die Rathausspitze weitergeleitet wurde. Der Tübinger Oberbürgermeister Hans Gmelin erstattete höchstpersönlich Anzeige gegen den Zeichnerlehrling. „Nach dem Inhalt des Briefes könnte ein strafbare Handlung gem. §175 StGB beabsichtigt gewesen sein“, schreibt Gmelin an die Geschäftsstelle des Amtsgerichts Tübingen. Den Brief, so führt er weiterhin aus, habe er der Landeskriminalhauptstelle übergeben. 

Quelle: STZ und Schwäbisches Tagblatt
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Abschaffung des 
Paragraphens 175 vor 20 Jahren

Quelle: ARD Brisant/ YouTube

Text: https://www.lsbttiq-bw.de/zeitzeuginnen-interviews/hab-au-nie-irgendwie-doppelleben- gefuehrt-und-des-moecht-au-net-helmut-kress/ 
Foto: Privat und VelsPolBW
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