Verfolgung in den eigenen Reihen
Erlass des Führers zur Reinhaltung von SS und Polizei
Auch innerhalb der Polizei wurde Homosexualität streng geahndet: Den »Erlaß des Führers zur Reinhaltung von SS und Polizei« von homosexuellen »Volksschädlingen« (15. November 1941) musste jedes neue Polizei- und SS-Mitglied mit seiner Unterschrift in der Personalakte bestätigen - schließlich seien »alle Angehörigen der SS und der Polizei Vorkämpfer im Kampfe um die Ausrottung der Homosexualität im deutschen Volke«.
Statistiken über die Urteile der SS-Sondergerichte bzw. Polizeigerichte in Strafsachen Homosexualität sind nicht bekannt.
Es kann jedoch zumindest auf den Fall eines Münchner Polizeireservisten verwiesen werden, der Opfer dieses Erlasses wurde: Johann V., von Beruf Maler, zuletzt Angehöriger des SS-Pol.-Reg. 20.
Er wurde am 5. Mai 1944 vom SS- und Polizeigericht VIII (Prag) zum Tode verurteilt und am 29. August 1944 hingerichtet.
Quelle: Die Münchner Polizei und der Nationalsozialismus
Schicksale von homosexuellen Angehörigen der Polizei im Dritten Reich sind deutschlandweit nur unzureichend oder gar nicht aufgearbeitet.
Polizeireservisten
Mindestens 5000 Polizisten und Polizei-Reservisten aus dem Raum München versahen in den von Deutschland besetzten Gebieten ihren Dienst.
Sie erledigten dort allerdings kaum „normale“ Polizeiarbeit, sondern hielten die deutsche Gewaltherrschaft aufrecht: Ordnungspolizisten bewachten deutsche Dienststellen, Gefängnisse, Lager und Ghettos oder führten, wie in Slowenien, „Umsiedlungen“ der Bevölkerung durch.
Wie reguläre Truppenverbände kämpften sie gegen die immer stärker werdenden lokalen Widerstandsbewegungen. Unter dem Deckmantel der „Partisanenbekämpfung“ gingen Angehörige der Ordnungspolizei auch gegen unbeteiligte Zivilistinnen und Zivilisten vor, spürten versteckte Jüdinnen und Juden auf und ermordeten diese.
Angehörige der Sicherheitspolizei (Gestapo/Kripo) bekämpften auch präventiv jeglichen Widerstand. Eine Reihe von Münchner Polizisten, die genaue Zahl lässt sich nicht ermitteln, wurde zu Vollstreckern der „Endlösung“: Sie organisierten Deportationen in die Vernichtungslager und ermordeten als Angehörige der „Einsatzgruppen“ der Sicherheitspolizei und des SD jüdische Männer, Frauen, Kinder und Personen, die nicht ins System passten.
Überwachung von Örtlichkeiten an denen sich schwule Männer treffen
"Es muss alles versucht werden, um dieses widernatürliche Laster mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln auszurotten.
Ich weise deshalb alle Polizeibehörden auf das bestimmteste an, jeden Einzelfall mit unnachsichtlicher Strenge zu verfol gen. [...]
Sofern die Gerichte nicht von sich aus richterliche Haft verhängen, sind die Verbrecher regelmäßig bis zur gerichtlichen Aburteilung in Schutzhaft zu nehmen."
Anordnung des Innenministers Adolf Wagner 24.7.1937
Quelle: Die Münchner Polizei und der Nationalsozialismus
Wer war Adolf Wagner?
Durch das Gesetz zum Neuaufbau des Reichs vom 30. Januar 1934 waren die Hoheitsrechte der Länder an das Reich übergegangen, das Staatsministerium des Innern wurde zur Reichsmittelbehörde.
Zuständigkeitsverluste gingen damit jedoch nicht einher. Staatsminister war seit dem 10./16. März 1933 der Gauleiter von München-Oberbayern, Adolf Wagner (1890-1944), der ab 1936 zugleich auch das Kultusministerium führte.
Wagners Ressortführung kann als aggressiver Expansionismus bezeichnet werden, die Aufgabenbereiche des Innenministeriums wurden sukzessive ausgedehnt.
Bereits im Zuge der "Machtergreifung" gelang es Wagner, zu Lasten anderer Landesministerien die Kompetenzen der Gesundheitsverwaltung auszudehnen.

Innenminister Adolf Wagner mit "Blutorden". (Bayerische Staatsbibliothek)
Vorbeugende Verbrechensbekämpfung durch die Kriminalpolizei
Einige Kriminalbeamte forderten bereits in der Weimarer Republik, sogenannte Berufsverbrecher in Sicherheitsverwahrung zu nehmen. Die Idee der vorbeugenden Verbrechensbekämpfung wurde vom NS-Regime umgesetzt und erweitert: In polizeiliche Vorbeugehaft kamen nun auch Asoziale, Arbeitsscheue und auch Homosexuelle.
Zur Koordinierung und möglichst lückenlosen Überwachung wurde 1937 das Reichskriminalpolizeiamt in Berlin gebildet, das Arthur Nebe unterstand. Spezielle Reichszentralen waren für die Erfassung und Bekämpfung einzelner Straftaten und Gruppen zuständig, so koordinierte ab 1938 die Reichszentrale in Berlin die Bekämpfung der Homosexualität.
